Pit Budde (früher Manderley und Cochise, heute Karibuni) möchte ein Buch herausgeben, in dem verschiedene Autor(inn)en die besondere Bedeutung eines politischen Liedes für ihren Werdegang beschreiben. Mir ist kein politisches Lieblingslied und schon gar keins mit einer besonderen Bedeutung für meinen Werdegang eingefallen, aber ein anderes. Aber beim Nachdenken ist ein Text zur „Zur Funktion des politischen Liedes“ herausgekommen.

Mit einer Gitarre konnte ich früher zum Hausgebrauch einigermaßen umgehen. Mit meinem Gesang stand es auch nicht zum Besten. Aber es gab eine Zeit, in der auf politischen Veranstaltungen und Festen vielen Menschen meine politischen Liedtexte gefallen und die darum gerne zugehört haben. Ich habe mich darin auf verschiedene Arten mit Dortmunder Initiativen beschäftigt.

Das Klüngelkerl-Lied war der Redaktion der Stadtzeitung Klüngelkerl gewidmet. Ein Ausschnitt aus diesem Lied wurde am 01. 12. 1977 in der WDR-Radiothek gesendet. Klara Brandi und Pit Budde haben mir freundlicherweise bei der Aufnahme geholfen: Klüngelkerl-Lied.

 

In Rettet Wischlingen! ging es um die Bedrohung eines Jugendzentrums durch Abriss, der schließlich auch erfolgt ist. Auch von diesem Lied wurde in der Radiothek ein Stück gespielt, bei dessen Aufnahme ich ebenfalls von Klara Brandi und Pit Budde unterstützt wurde: Rettet Wischlingen!

Eine Mai-Demonstration des DGB wurde Ende der 1970er-Jahre durch einen polizeilichen Kamerawagen überwacht. Im Jahr darauf hatten die jugendlichen Mitglieder der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen zur Mai-Demo Rote Kapuzen auf dem Kopf.

Das Berufsverbot hat die undogmatische Linke auf ganz andere Art beschäftigt als diejenigen, die als DKP- oder ML-Angehörige betroffen waren. Die waren sich weder grün noch rot. Unsereiner hat sich für alle engagiert, weil es um Bürger- und Menschenrechte ging. Ingrid Jansen hat an der Berufsfachschule in Hacheney unterrichtet und Christa Halberstadt an der Gesamtschule Scharnhorst.

Mit der politischen Disziplinierung auf den verschiedenen Ebenen inclusive der des „Terrorismus“, den wir erst viele Jahrzehnte später in ganz anderer Form wirklich zu fürchten gelernt haben, beschäftigte sich das Lied Gesetz muss Unrecht bleiben.

Rolf Schwendter hat politisch-musikalisch mit einer Kindertrommel unterhalten. Das hat mir gefallen. Die Geschichte vom Bucklig Männlein habe ich ebenso getrommelt vorgetragen wie Ich bin noch immer unbefriedigt.

Als 1977 im pädagogischen Zweig der Dortmunder Universität gestreikt wurde, habe ich ein paar Lieder vorgetragen. Das hat den Studenten so gut gefallen, dass Sie auf Plakaten und Flugblättern eine zweite Veranstaltung dieser Art angekündigt haben: KELBER KOMMT! Eins der Lieder, ebenfalls kindergetrommelt, trägt den Titel Studentenstreik in Dortmund.

An einem 1. Mai Ende der 1970er habe ich beide Instrumente im Westfalenpark bedient.

 

 Musik unterm Sonnensegel

Unterm Sonnensegel im Westfalenpark

„Es geht auch anders“ war eine politische Parole der Grünen/Alternativen. Aber irgendwann haben Fischer und Konsorten daraus Es geht auch anders – aber so geht es auch gemacht. Zu meinem 50. habe ich mir erlaubt, noch einmal etwas zu texten und zu singen, das politisch rausmusste. Nicht viel später haben Fischer und Konsorten mit einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen Serbien und einer innerstaatlichen Feinderklärung gegen Erwerbslose – bezeichnenderweise mit dem später als Verbrecher verurteilten Peter Hartz an der Spitze – bewiesen, dass es ihnen nie um die Ziele ging, die in den Programmen der Grünen standen. Da Papier geduldig ist, hat es auch die Änderung der Programmaussagen hingenommen, die der politischen Brutalität angepasst wurden.

Lehrerberg, Schülerknick und Pillenschwemme war ein Lied für in der GEW engagierte Lehrer(innen). Das Atomkraftwerk als Hochgenuss hat das politische Themenspektrum abgerundet.

Ende der 1970er-Jahre hat die SJD – Die Falken Dortmund mit dem Jugendamt eine Rundreise von Dortmunder Liedermacher(inne)n durch die Jugendheime geplant: mit Klara Brand, Pit Budde, den späteren ABB-Mitgliedern und mir. Der zuständige Abteilungsleiter des Jugendamtes ist auf die lustige Idee gekommen, sich die Texte der Lieder vorlegen zu lassen, die wir vortragen wollten. Dann hat er – im Sinne von „Wer seine Füße unter meinen Tisch stellt...“ – mit einem Highlighter Zeilen und Strophen markiert, die zu singen er uns untersagen wollte. Wir haben so getan, als ob... Der Abteilungsleiter stand bei der Eröffnungsveranstaltung im Bunker hinter dem Publikum, ganz lässig mit Lederjacke. Wir haben das Lied Rettet Wischlingen!, das er zensiert haben wollte, zunächst gesummt und dann vollständig gesungen. Woraufhin der verhinderte Herr Zensor ruckzuck verschwunden ist und erklärt hat, dass das mit dem Jugendamt als Mitveranstalter vorbei sei. Mit dem Spruch „So klingt nur Dortmund“ macht heute das Konzerthaus für sich Reklame. Wer weiß, wie es das Jugendamt heute klingen lassen wollen und ob es solche Zeilen zulassen würde: „Bürokraten woll’n uns an den Kragen, wollen Wischlingen zerschlagen...“